Was spricht dafür, was dagegen?
Windenergie-Anlagen (WEA) an einem gut gewählten Standort sind ein wichtiger energiepolitischer Baustein im Strommix der Schweiz. Im Winter ist der Strombedarf heute grösser als die Produktion. Im Winter wehen die kräftigsten Winde in der Schweiz, darum produzieren Windräder rund zwei Drittel ihres Stroms in der kalten Jahreszeit. Deshalb setzt sich der WWF Schweiz für einen Ausbau der Windkraft an geeigneten Standorten ein.
Wind ist eine natürliche, einheimische und erneuerbare Energiequelle. An guten Windstandorten ist die Energieausbeute beträchtlich. Der Strom aus Windenergie ist CO2-frei. Die für Herstellung, Transport und Entsorgung der WEA erforderliche Energie wird in wenigen Betriebsmonaten erzeugt. WEA sind verlässlich, bergen keine Grossrisiken und sind rückbaubar. Der Eingriff in die Natur ist bei guter Standortwahl vertretbar. Windpärke sollen in Gebieten entstehen, die bereits erschlossen sind und geringes Konfliktpotential mit der Natur aufweisen. Wo geschützte Lebensräume oder Tierarten wie Fledermäuse oder seltene Vogelarten gefährdet werden, behält sich der WWF das Recht vor, zu intervenieren und gegebenenfalls das Verbandsbeschwerderecht anzuwenden.
Ist die Schweiz ein Windland?
Brauchen wir Windenergie in der Schweiz? Fakt ist: wir müssen massiv zulegen bei den erneuerbaren Energien. Nur so können wir unseren Energiebedarf ohne Verbrennung fossiler Energieträger wie Öl, Gas oder Kohle decken. Die Windenergie kann bei dieser Energiewende in der Schweiz eine Rolle spielen – im Vergleich zur Solarenergie und Wasserkraft aber eine kleinere. Derzeit stammt aber weniger als 1 Prozent des Schweizer Stroms aus Windkraft. Die Umweltallianz erachtet einen Ausbau auf 3.1 TWh als realistisch. Dies entspricht 215 bis 310 Anlagen.
Die Schweiz ist zwar kein klassisches Windkraftland wie Deutschland oder Dänemark, aber sie weist durchaus günstige Standorte auf: im Jura, in den Voralpen, auf einigen Graten und in einigen Tälern der Alpen. Die Ursachen für den schleppenden Ausbau sind politischer Natur und die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung.
Die kleinräumige und dicht besiedelte Schweizer Landschaft eignet sich vor allem für konzentrierte, kleine und mittlere Windparks, insbesondere in Gebieten, die schon heute gut erschlossen sind. Grosse Windparks, wie sie in den USA und in Norddeutschland vorkommen, sind nicht realisierbar.
Potential für Windenergie im Wallis
Der Kanton Wallis hatte sich mit dem Konzept zur Förderung der Windkraft vom Jahr 2008 das Ziel gesetzt, die Windenergie zu fördern. Der Kanton Wallis hält bis heute an einem starken Ausbau der Windkraft im Kanton fest. Die im Richtplanblatt E.6 festgelegten Ziele tönen euphorisch: «Da im Kanton Wallis in gewissen Regionen ideale Windverhältnisse vorherrschen (Rhoneknie, Pässe), könnte er schweizweit zu einem der bedeutendsten Akteure der Windenergieproduktion werden. In diesem Zusammenhang, aber auch im Sinne der nationalen Solidarität, beabsichtigt der Kanton Wallis bis 2020 über 200 GWh Strom zu produzieren, was durch den Betrieb von rund 60 Windkraftanlagen verteilt auf rund 10 Windparks mit einer durchschnittlichen Leistung von 2 MW erreicht werden kann».
Das veraltete Konzept bräuchte dringend eine Revision und die hohen Ziele des Kantons eine Adjustierung. Bis dato werden im Kanton lediglich 20-25 GWh erzeugt, also 10 mal weniger als vor fast 20 Jahren postuliert. Die Windernte von Anlagen in Passlagen scheint zudem massiv tiefer zu sein als angenommen. Der Windpark Gries auf 2500 m.ü.M. produziert im Schnitt lediglich ca. 6 GWh Strom/Jahr, nicht einmal die Hälfte der in der Baubewilligung postulierten 13.4 bis 13.7 GWh ausgegangen. Die mediokre Produktion ist nicht auf anfängliche Kinderkrankheiten zurückzuführen. Zum Vergleich: Die in Martigny installierte, einzelne Windenergieanlage produziert bei 2 MW Leistung jährlich im Durchschnitt 5 GWh Strom. Sie produziert also fast fünfmal effizienter!
WWF fördert Windenergie am richtigen Standort
Der WWF Schweiz befürwortet die Windkraft als Bestandteil der zukünftigen Schweizer Stromerzeugung. Dabei ist wichtig, dass durch Bau und Betrieb von Windkraftanlagen wenig Schaden an der Natur entsteht. Aus diesem Grund hat der WWF mit einem Positionspapier und einem internen Beurteilungsinstrument (Windrose) klare Kriterien erarbeitet, um herauszufinden, wo die Windenergieerzeugung Sinn macht und was bei Bau und Betrieb der Anlagen beachtet werden muss. Zentral ist dabei die Standortwahl um Konflikte mit geschützten Lebensräumen, Fledermäusen und Vögeln minimal zu halten. Wo diese Konflikte ernst genommen und klein gehalten werden, steht der WWF öffentlich für Windenergieanlagen ein. Bei Anlagen an heiklen Standorten wird im Gespräch oder mit einer Einsprache das Recht um Mitwirkung wahrgenommen und derart versucht, das Projekt zu optimieren. Nur in sehr seltenen Fällen zieht die Umweltorganisation eine Einsprache als Beschwerde vor Gericht.
WWF-Beurteilung von Windenergieanlagen im Wallis
Aufwändig war die Beurteilung und Begleitung des Windparks Gries. Dort steht heute mit vier Windenergieanlagen der höchstgelegene Windpark der Alpen. Die Einsprache des WWF Oberwallis führte 2014 zu einer Vereinbarung, die den Weg frei machte für die Baubewilligung. Die Vereinbarung wurde Teil der Baubewilligung. Sie regelt den Schutz von Fledermäusen und führte zu einer fast zehnjährigen Zusammenarbeit zwischen dem WWF und den Betreibern des Windparks Gries (heute EWL). Der WWF und Swiss Winds gründeten gemeinsam ein Betriebskommission, die gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Erlangen und des Zürcher Umweltbüros SWILD Abschalt-Algorithmen entwickelte, um die vor allem im Sommer zahlreich vorkommenden Fledermäuse vor Totschlag zu schützen. Die Abschaltungen hat man in einem mehrjährigen Monitoring überwacht, ausgewertet und jährlich verbessert. Zwei kantonale Dienststellen begleiteten den langen und hindernisvollen Prozess. Den Beteiligten ist es dennoch gelungen, Windproduktion und Fledermausschutz unter einen Hut zu bringen. Die Erkenntnisse aus diesem Prozess werden in einem Synthesebericht festgehalten (in Vorbereitung).