Dritte Rhonekorrektion: Die dringlichen Massnahmen in Siders genügen nicht
30. September 2024
Der WWF Wallis ist besorgt über das Versagen und die Leistungsschwäche des Walliser Staatsrates bei der 3. Rhonekorrektion. Nachdem der Staatsrat das Dossier über fünfzehn Jahre lang schlummern liess, stürzt er sich nun auf dringliche Massnahmen, um den Sektor Siders-Chippis zu schützen und umgeht dabei die rechtlichen Verfahren. Mit diesem Vorgehen missachtet der Staatsrat den Volkswillen und ignoriert die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Am 28. August 2024 kündigte der Staatsrat eine Reihe von dringenden Massnahmen an; wie die Eisenbahnbrücke entfernen und die Strassenbrücke zwischen Siders und Chippis renovieren. Diese Massnahmen sind gerechtfertigt, um weitere grössere Überschwemmungen zu verhindern, denn die Eisenbahnbrücke ist ein risikoreicher Bau und die Strassenbrücke stellt eine Gefahr dar, wenn die Rhone über die Ufer tritt. „Über diese Sofortmassnahmen hinaus erteilt sich der Staatsrat jedoch einen Blankoscheck, indem er weitere Eingriffe plant, ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Konsultations- und Genehmigungsverfahren zu befolgen“, stellt Marie-Thérèse Sangra, Geschäftsleiterin des WWF Wallis, fest.
Gemäss dem Gesetz über Naturgefahren (GNGWB) müssen dringliche Massnahmen strikt auf die Bewältigung der unmittelbaren Gefahr beschränkt werden. Sobald diese Gefahr gebannt ist, müssen die üblichen Prozesse der öffentlichen Konsultation und der Genehmigung wieder aufgenommen werden. Indem sich der Staatsrat weiterhin auf Notrecht beruft, obwohl die akute Gefahr gebannt ist, überschreitet er diese gesetzlichen Anforderungen. Die Errichtung eines Erddamms am Fusse des Géronde-Hügels, die Verstärkung eines weiteren Damms unterhalb der Kantonsstrasse sowie die Verstärkung der Mauer des Erdwalls erfordern eine öffentliche Auflage, was der Staatsrat unter dem Vorwand der Dringlichkeit zu vermeiden versucht. Laut dem Zürcher Umweltrechtler Dr. Hans W. Stutz, der vom WWF beauftragt wurde, die Entscheidung des Staatsrats zu untersuchen, können «Notmassnahmen beim Hochwasserschutz nicht in einem verfahrensrechtlichen Vakuum» umgesetzt werden. Die Massnahmen dürfen sich nicht nur auf die Sicherheit beschränken, sondern müssen auch dem Willen des Gesetzgebers Rechnung tragen, der ausdrücklich fordert, dass Flüsse nach Möglichkeit revitalisiert werden sollen.
Der WWF ist der Ansicht, dass der Hochwasserschutz nicht durch übereilte Entscheidungen erreicht werden kann. Kantonale und eidgenössische Gesetze, die Bestimmungen zum Schutz sowohl der Bevölkerung als auch der Ökosysteme umfassen, dürfen nicht umgangen werden. „Das Notrecht ist eine Ausnahme und keine allgemeine Regel“, betont Dani Heusser, Fliessgewässerexperte des WWF Schweiz. Die Verzögerungen bei der Umsetzung des Projekts zur Sicherung der Rhone rechtfertigen solche Vorgehensweisen in keiner Weise.
Der WWF erinnert daran, dass die Klimakrise und die Überschwemmungsrisiken seit langem bekannte Tatsachen sind und bereits 2016 in die Planung des kantonalen Wasserbauplans einbezogen wurden. Die aktuelle Notlage ist also das Ergebnis einer mangelhaften Umsetzung der im Gestaltungsplan der 3. Rhonekorrektion vorgesehenen prioritären Massnahmen, für die allein der Staatsrat verantwortlich ist. Die Situation war nicht unvorhersehbar. Um endlich mit der Sicherung der Rhone voranzukommen, fordert der WWF die Walliser Regierung auf, die seit langem vorbereiteten sektoriellen Massnahmen von Sierre-Chippis und Aigle unverzüglich zu realisieren.
„Nach der Veröffentlichung der neusten Entscheide zu den dringlichen Massnahmen in Siders laden wir den Staatsrat zu einem Treffen ein, um konstruktiv über eine ausgewogene und rechtskonforme Lösung zu diskutieren“, erklärt Marie-Thérèse Sangra.
Medienmitteilung (deutsch)
Rechtsgutachten (deutsch)